WOZU DAS THEATER?

THEATERKONZEPTIONEN VON ARISTOTELES BIS ZUR POSTMODERNE

ARISTOTELES

Das aristotelische Theater, basierend auf den Konzepten des griechischen Philosophen Aristoteles, verfolgt verschiedene tiefgreifende Wirkungsabsichten, die die Natur des Dramas und die Reaktion des Publikums auf die Aufführung berücksichtigen. Diese Wirkungsabsichten lassen sich am besten durch die Begriffe der Mimesis, Katharsis und Phobos erklären:
1. Mimesis (Nachahmung): Das Konzept der Mimesis ist zentral für das aristotelische Theater. Aristoteles argumentierte, dass das Drama eine Form der Nachahmung oder Repräsentation der realen Welt ist. Durch die Darstellung von Handlungen und Charakteren auf der Bühne sollte das Theater das Publikum dazu anregen, die menschliche Erfahrung und die ethischen Dilemmata besser zu verstehen. Die Zuschauer sollten sich in den Figuren und ihren Entscheidungen wiedererkennen können.
2. Katharsis (Reinigung oder Läuterung): Aristoteles betrachtete das Drama als ein Mittel zur emotionalen Katharsis für das Publikum. Durch das Beobachten der Tragödien und Konflikte auf der Bühne sollten die Zuschauer starke Emotionen wie Mitleid und Furcht erleben. Diese emotionalen Reaktionen ermöglichen es den Zuschauern, ihre eigenen Emotionen zu verarbeiten und zu reinigen. Katharsis sollte zur moralischen Reflexion und zum Verständnis ethischer Prinzipien führen.
3. Phobos (Furcht): Furcht, insbesondere die Furcht vor den Konsequenzen schlechter Entscheidungen und Handlungen, spielt eine wichtige Rolle im aristotelischen Theater. Tragödien präsentieren oft Protagonisten, die aufgrund ihrer Fehler oder Sünden leiden. Diese Darstellung von Leid und Ungerechtigkeit soll beim Publikum Furcht und Mitgefühl hervorrufen. Die Zuschauer sollen erkennen, dass ähnliche Schicksale auch ihnen widerfahren könnten, wenn sie ähnliche Fehler begehen.
Zusammengefasst zielt das aristotelische Theater darauf ab, eine tiefe Verbindung zwischen dem Publikum und den dargestellten Charakteren und Geschichten herzustellen. Es soll nicht nur zur Unterhaltung dienen, sondern auch dazu, moralische Fragen aufzuwerfen, Emotionen freizusetzen und die Zuschauer zur Reflexion über die menschliche Natur und das ethische Verhalten anzuregen. Durch die Kombination von Mimesis, Katharsis und Phobos strebt das aristotelische Theater an, eine tiefgreifende und lehrreiche Erfahrung für sein Publikum zu schaffen.

Gotthold Ephraim Lessing

Wirkungsabsichten des bürgerlichen Trauerspiels nach Lessing:

  1. Moralische Aufklärung: Eines der Hauptziele des bürgerlichen Trauerspiels war es, das Publikum moralisch zu erheben und aufzuklären. Dies entspricht dem Kerngedanken der literarischen Aufklärung, die darauf abzielte, die Menschen durch Bildung und Vernunft zu verbessern. Die Dramen sollten moralische Dilemmata und ethische Entscheidungen darstellen, die das Publikum zum Nachdenken anregen und zur Selbstreflexion anregen.
  2. Identifikation und Mitleid: Lessing betonte die Bedeutung der Identifikation des Publikums mit den tragischen Figuren auf der Bühne. Er glaubte, dass das Publikum sich mit den Charakteren und ihrem Leiden identifizieren sollte, um Mitleid zu empfinden. Dieses Mitleid sollte jedoch nicht nur emotionale Reaktionen hervorrufen, sondern auch zur moralischen Reflexion anregen. Lessings Mitleidsästhetik sah in der emotionalen Reaktion des Publikums auf das Leiden der Figuren eine Möglichkeit, Mitgefühl und moralische Empathie zu entwickeln.
  3. Realismus und Authentizität: Das bürgerliche Trauerspiel sollte realistische Charaktere und Situationen präsentieren. Es ging darum, das Leben der bürgerlichen Gesellschaft in seiner Authentizität und Alltäglichkeit darzustellen. Dies stand im Gegensatz zu den klassischen, oft mythischen Themen der antiken Tragödie. Die realistische Darstellung sollte es dem Publikum ermöglichen, sich besser in die Handlungen und Entscheidungen der Figuren hineinzuversetzen.
  4. Erziehung zum Guten: Die Wirkungsabsichten des bürgerlichen Trauerspiels hatten auch eine erzieherische Dimension. Durch das Zeigen der Konsequenzen von Fehlverhalten und moralischen Fehlentscheidungen sollten die Zuschauer moralische Lektionen lernen. Das Trauerspiel sollte nicht nur unterhalten, sondern auch zur Verbesserung der Gesellschaft beitragen, indem es ethische Werte förderte.

Insgesamt verfolgte das bürgerliche Trauerspiel nach Lessing die Ideale der literarischen Aufklärung, indem es die Bildung und Moral des Publikums verbessern und die Zuschauer dazu anregen wollte, empathischer und moralisch bewusster zu sein. Die Betonung der Mitleidsästhetik und die Darstellung realistischer bürgerlicher Lebensumstände waren charakteristisch für diese literarische Form und machten sie zu einem wichtigen Werkzeug zur Förderung von Aufklärung und Ethik in der Gesellschaft.

Friedrich Schiller

Die “Schaubühne als moralische Anstalt“.

Friedrich Schiller, einer der bedeutendsten deutschen Dichter und Dramatiker des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, hatte klare Wirkungsabsichten für das Theater, die eng mit seinen philosophischen Überzeugungen und seiner Auffassung von Kunst und Gesellschaft verknüpft waren. Die Hauptaspekte seiner Theaterwirkungsabsichten lassen sich wie folgt skizzieren:

1. Idealismus: Schiller war ein Verfechter des Idealismus, einer philosophischen Strömung, die die Vorstellung von einem idealen, moralisch und ästhetisch vollkommenen Zustand der Welt vertrat. Im Kontext des Theaters bedeutete dies, dass Schiller das Theater als einen Ort betrachtete, an dem die Ideale und Werte der Menschheit dargestellt und gefeiert werden sollten. Seine Dramen strebten danach, ethische und ästhetische Ideale zu verkörpern und das Publikum zu inspirieren, nach diesen Idealen zu streben.

2. Erziehung des Menschengeschlechts: Ein zentrales Anliegen von Schillers Theaterwirkungsabsichten war die Erziehung des Menschengeschlechts (oft als “Ästhetische Erziehung” bezeichnet). Er glaubte, dass das Theater die Möglichkeit bieten sollte, die Menschen moralisch und ästhetisch zu erziehen. Schiller sah die Kunst als Mittel zur Selbstvervollkommnung und zur Entfaltung der sittlichen Kräfte des Menschen. Seine Dramen sollten nicht nur unterhalten, sondern auch zur geistigen und moralischen Entwicklung des Publikums beitragen.

3. Moral und Ethik: Die Betonung von Moral und Ethik war ein weiteres wesentliches Element in Schillers Theaterwirkungsabsichten. Er schrieb Dramen, die oft moralische Dilemmata und Konflikte zwischen Pflicht und Leidenschaft behandeln. Durch die Darstellung dieser Konflikte wollte er das Publikum dazu anregen, ethische Entscheidungen zu treffen und sich mit moralischen Fragen auseinanderzusetzen. Schiller glaubte, dass das Theater eine wichtige Rolle dabei spielen könne, die moralische Sensibilität und das ethische Bewusstsein der Gesellschaft zu stärken.

4. Freiheit und Individualität: Schiller war ein Verfechter der Freiheit und der individuellen Selbstbestimmung. Diese Themen spiegeln sich in seinen Dramen wider, in denen oft der Konflikt zwischen individueller Freiheit und sozialen Zwängen thematisiert wird. Er wollte das Publikum ermutigen, über die Bedeutung von Freiheit und Selbstverwirklichung nachzudenken und sich für die Verteidigung dieser Werte einzusetzen.

Insgesamt strebte Schiller mit seinen Theaterwirkungsabsichten danach, das Theater als ein Instrument zur Förderung von Idealen, zur Erziehung des Individuums und zur Stärkung der moralischen und ästhetischen Werte der Gesellschaft zu nutzen. Seine Dramen und Essays reflektieren seine tiefen philosophischen Überlegungen und sein Engagement für die Verbesserung der menschlichen Natur und der Gesellschaft durch Kunst und Kultur.

Bertold Brecht

Die Wirkungsabsichten des epischen Theaters nach Bertolt Brecht unterscheiden sich erheblich von denen des traditionellen, aristotelischen Theaters. Brecht entwickelte seine einzigartige Form des epischen Theaters, um das Publikum zur kritischen Reflexion anzuregen, politisches Bewusstsein zu schärfen und soziale Veränderungen herbeizuführen. Ein Schlüsselkonzept im epischen Theater ist der “Verfremdungseffekt” (auch als “V-Effekt” oder “Alienationseffekt” bekannt). Hier sind die wichtigsten Wirkungsabsichten des epischen Theaters mit einem Schwerpunkt auf dem Verfremdungseffekt:

1. Verfremdungseffekt (V-Effekt): Der Verfremdungseffekt ist eines der grundlegenden Konzepte des epischen Theaters. Brecht wollte, dass das Publikum nicht passiv in das Theatergeschehen eintaucht, sondern kritisch und distanziert betrachtet. Der Verfremdungseffekt sollte die Zuschauer daran hindern, sich emotional in die Handlung zu vertiefen, indem er sie daran erinnert, dass sie sich im Theater befinden. Dies wurde erreicht durch bewusste stilistische Brüche, unerwartete Inszenierungselemente und das Brechen der Illusion, um die Zuschauer zum Nachdenken und Hinterfragen anzuregen.

2. Politische Aufklärung: Ein Hauptziel des epischen Theaters war die politische Aufklärung des Publikums. Brecht wollte, dass die Zuschauer die sozialen und politischen Realitäten ihrer Zeit kritisch analysieren. Durch das Darstellen von sozialen Ungerechtigkeiten, politischer Unterdrückung und Klassenkampf sollte das Theater das Bewusstsein für diese Themen schärfen und das Publikum dazu ermutigen, sich aktiv für soziale Veränderungen einzusetzen.

3. Anteilnahme statt Mitgefühl: Im Gegensatz zum traditionellen Theater, das oft darauf abzielt, Mitgefühl für die Figuren zu wecken, wollte Brecht, dass die Zuschauer Anteilnahme empfinden. Anstatt sich emotional mit den Charakteren zu identifizieren, sollten die Zuschauer sich in die Lage der Figuren versetzen und rational über die Ursachen und Konsequenzen ihrer Handlungen nachdenken.

4. Brechen der Illusion: Das epische Theater strebte danach, die Illusion des traditionellen Theaters zu brechen. Brecht wollte, dass die Zuschauer stets bewusst bleiben, dass sie eine Aufführung sehen. Dies wurde durch den Einsatz von Zwischentexten, Erzählern, Plakaten und sichtbaren technischen Elementen erreicht, die die Zuschauer daran erinnerten, dass sie im Theater und nicht in der Realität waren.

5. Aktive Teilnahme des Publikums: Brecht ermutigte das Publikum, aktiv in die Handlung einzugreifen. Dies konnte beispielsweise durch Diskussionen während der Aufführung oder die Verwendung von Abstimmungen über den Verlauf der Handlung erfolgen. Die Zuschauer sollten nicht nur Konsumenten, sondern auch aktive Teilnehmer im Theatergeschehen sein.

Insgesamt zielte das epische Theater von Brecht darauf ab, das Publikum intellektuell und politisch zu mobilisieren, soziale Fragen kritisch zu hinterfragen und eine aktive Rolle in der Gesellschaft einzunehmen. Der Verfremdungseffekt war ein zentrales Instrument, um dieses Ziel zu erreichen, da er die emotionale Distanz zwischen Publikum und Bühnengeschehen förderte und zur bewussten Auseinandersetzung mit den dargestellten Themen anregte.

Friedrich Dürrenmatt

Friedrich Dürrenmatt, ein renommierter Schweizer Dramatiker und Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, entwickelte im Laufe seiner Karriere eine einzigartige und fesselnde Theatralik, die sich durch bestimmte Wirkungsabsichten auszeichnete. Ein zentrales ästhetisches Prinzip in seinem Werk war die “schlimmstmögliche Wendung” (auch als “Katastrophentheorie” bezeichnet) und die Verwendung des Grotesken als Mittel zur Auseinandersetzung mit einer zunehmend komplexer werdenden sozialen Wirklichkeit. Hier sind die wichtigsten Aspekte seiner Theaterwirkungsabsichten:

1. Schlimmstmögliche Wendung: Dürrenmatt zeigte in seinen Dramen oft die schlimmstmögliche – und vor allem auch nicht vorhersehbare – Entwicklung der Handlung. Seine Stücke zeichnen sich so durch unerwartete Richtungswechsel des dramatischen Ganges aus, die oft zu tragischen und katastrophalen Ergebnissen führen. Dieses ästhetische Prinzip sollte das Publikum überraschen, schockieren und ja, auch wenn ich diese Phrase nicht mag, auch zum Nachdenken anregen. Dürrenmatt war der Ansicht, dass die Konfrontation mit der schlimmstmöglichen Wendung die Zuschauer dazu zwingt, die Konsequenzen menschlichen Handelns und die Unabwendbarkeit ihres eigenen Schicksals zu überdenken.

2. Das Groteske: Das Groteske war ein weiteres Schlüsselmerkmal in Dürrenmatts Theater. Er verwendete das Groteske, um die Absurdität, die Widersprüche und die Dunkelheit des menschlichen Lebens und der sozialen Realität der Moderne zu betonen. Durch groteske Elemente und Charaktere konnte er die Komplexität der Welt auf der Bühne darstellen und die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Absurditäten und Inhumanitäten der Gesellschaft lenken.

3. Gesellschaftskritik: Dürrenmatt nutzte seine Theaterstücke als Instrument zur Gesellschaftskritik. Indem er die schlimmstmögliche Wendung und das Groteske einsetzte, zeigte er die Verderbtheit und Korruption der Gesellschaft sowie die ethischen und moralischen Konflikte, die sie durchdrangen. Seine Stücke waren oft satirische Kommentare über die Menschlichkeit und die sozialen Institutionen. Das Genre der Tragikomödie und Groteske war so weniger moralisierend als zum Beispiel bei Brecht, aber eben auch wirkungsstark.

4. Betonung der Unausweichlichkeit: Dürrenmatt betonte oft die Unausweichlichkeit der menschlichen Situation und der Konsequenzen von Entscheidungen. Seine Stücke zeigten, dass das Schicksal in vielen Fällen vorherbestimmt oder unausweichlich ist, und dass die Charaktere oft in einem scheinbar ausweglosen Dilemma gefangen sind oder auch dem Irrglauben aufsitzen, der Unausweichlichkeit der Dinge entgehen zu können. Dabei agieren die Figuren tragisch und komisch zugleich. Darüber mag das Publikum lachen- mithin lässt es sich aber auch dazu anregen, über moralische Fragen, Schuld und Verantwortung nachzudenken.

5. Provokation und Reflexion: Dürrenmatt wollte sein Publikum provozieren und zur Reflexion über existenzielle und soziale Fragen anregen. Seine Stücke sollten nicht nur unterhalten, sondern auch aufrütteln und Diskussionen über die menschliche Natur und die Gesellschaft auslösen.

Insgesamt zielte das Theater nach Dürrenmatt darauf ab, eine herausfordernde und nachdenkliche Theatererfahrung zu bieten, die die Komplexität und Absurdität der menschlichen Existenz und der sozialen Wirklichkeit beleuchtet. Die schlimmstmögliche Wendung und das Groteske waren zentrale Elemente, um die Zuschauer auf diese Themen aufmerksam zu machen und zum kritischen Denken anzuregen.

Eugène Ionesco

Das absurde Theater, eine Theaterbewegung, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts aufkam und von Dramatikern wie Eugène Ionesco geprägt wurde, zielte darauf ab, die Absurdität und Sinnlosigkeit des menschlichen Lebens und der Kommunikation darzustellen. Hier sind die Mittel und Wirkungsabsichten des absurden Theaters nach Ionesco:

Mittel des absurden Theaters:

  1. Sprachliche Entfremdung: Ionesco und andere Dramatiker des absurden Theaters verwendeten oft eine absurde und entfremdete Sprache. Die Dialoge in ihren Stücken sind oft sinnlos, redundant und zeigen eine eklatante Diskrepanz zwischen dem Gesagten und dem Gemeinten. Diese sprachliche Entfremdung diente dazu, die Kommunikationsprobleme und die Vergeblichkeit der zwischenmenschlichen Verständigung zu verdeutlichen.
  2. Absurde Handlung und Situationen: Das absurde Theater präsentierte oft Handlungen und Situationen, die völlig irrational und widersprüchlich waren. Charaktere könnten in sinnlose Aktivitäten verwickelt sein oder sich in einer absurd unmöglichen Umgebung befinden. Diese Darstellungen sollen die Absurdität des Lebens und die Unfähigkeit des Menschen, die Welt zu verstehen oder zu kontrollieren, verdeutlichen.
  3. Wiederholung: Wiederholung von Handlungen, Dialogen und Situationen ist ein häufig verwendetes Stilmittel im absurden Theater. Dies unterstreicht die Sinnlosigkeit und Monotonie des menschlichen Daseins. Die Charaktere sind oft gefangen in einem Zyklus wiederholter Handlungen, ohne wirkliche Veränderung oder Entwicklung.
  4. Charaktere als Typen: In absurden Stücken sind die Charaktere oft stereotype Figuren, die keine tiefen Persönlichkeiten oder individuellen Eigenschaften haben. Sie stehen oft für allgemeine menschliche Eigenschaften oder Schwächen und dienen als Exemplare für die Darstellung von abstrakten Ideen.

Wirkungsabsichten des absurden Theaters:

  1. Kritik der Gesellschaft und der Menschheit: Das absurde Theater kritisiert die Gesellschaft und die Menschheit als Ganzes. Es zeigt die sinnlosen Rituale, die Konformität und die Absurdität des Alltagslebens auf und fordert die Zuschauer heraus, darüber nachzudenken, wie diese Aspekte unser Leben bestimmen.
  2. Verfremdung und Entfremdung: Das absurde Theater zielt darauf ab, das Publikum durch die Verwendung von absurden Dialogen und Handlungen zu entfremden und sie dazu zu bringen, die alltägliche Realität mit einem kritischen Blick zu betrachten. Es soll die Zuschauer aus ihrer gewohnten Denkweise herausholen und sie dazu bringen, die Welt und sich selbst auf unkonventionelle Weisen zu betrachten.
  3. Existenzielle Fragen: Das absurde Theater wirft existenzielle Fragen auf, insbesondere solche im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Lebens. Es konfrontiert die Zuschauer mit der Idee, dass das Leben letztendlich sinnlos sein könnte, und fordert sie auf, sich mit existenziellen Fragen auseinanderzusetzen.
  4. Humor und Unterhaltung: Obwohl das absurde Theater oft ernste Themen behandelt, verwendet es häufig Humor und Ironie, um das Publikum zu unterhalten. Dieser Humor kann dazu dienen, die Zuschauer dazu zu bringen, über die Abgründe der menschlichen Existenz zu lachen, selbst wenn diese düster und absurd erscheinen.

Zusammenfassend dient das absurde Theater dazu, die Sinnlosigkeit, Unsicherheit und Absurdität des menschlichen Lebens und der Kommunikation darzustellen. Es fordert die Zuschauer heraus, über existenzielle Fragen nachzudenken und die Welt in einem neuen Licht zu sehen, indem es auf unkonventionelle und entfremdende Weisen theaterästhetische Mittel einsetzt.

Elfriede Jelinek

Das postdramatische Theater ist eine Theaterbewegung, die sich in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entwickelt hat und traditionelle dramatische Strukturen und Erzählweisen in Frage stellt. Es verwendet innovative ästhetische Mittel und strebt neue Wirkungsabsichten an. In diesem Kontext werde ich auf die Medienkritik von Elfriede Jelinek eingehen, die eine bedeutende Vertreterin des postdramatischen Theaters ist.

Mittel des postdramatischen Theaters:

  1. Fragmentierung und Montage: Das postdramatische Theater zeichnet sich oft durch eine fragmentierte Erzählstruktur und Montage von Szenen aus. Es verzichtet auf eine klare, lineare Handlung und konfrontiert das Publikum mit disparaten Elementen und Bildern.
  2. Intermedialität: Postdramatische Aufführungen verwenden verschiedene Medien wie Video, Musik, Projektionen und Bildmaterial, um die Erfahrung der Zuschauer zu erweitern. Diese intermedialen Elemente tragen zur Komplexität und Vielschichtigkeit der Aufführung bei.
  3. Diskursivität: Postdramatische Theaterstücke sind oft stark diskursiv und verwenden Sprache und Text als zentrales Element. Sie können aber auch die Sprache dekonstruieren oder unkonventionelle, nicht-lineare Sprachmuster verwenden.
  4. Körperlichkeit und Performance: Die physische Präsenz der Darsteller und ihre Bewegungen spielen eine wichtige Rolle im postdramatischen Theater. Es geht oft um die unmittelbare Erfahrung des Körpers und die körperliche Interaktion zwischen den Darstellern und dem Publikum.

Wirkungsabsichten des postdramatischen Theaters mit Medienkritik:

  1. Medienkritik und Medienreflexion: Das postdramatische Theater, insbesondere in Werken von Elfriede Jelinek, setzt sich kritisch mit den Medien auseinander. Es hinterfragt die Macht der Medien bei der Konstruktion von Wirklichkeit und Öffentlichkeit. Durch die Verwendung von Medienelementen in der Aufführung werden die Zuschauer dazu aufgefordert, die Medienlandschaft und die Art und Weise, wie Informationen vermittelt werden, kritisch zu reflektieren.
  2. Entfremdung und Desorientierung: Postdramatische Aufführungen können absichtlich desorientierend sein, um die Zuschauer aus ihrer gewohnten Wahrnehmung herauszureißen. Dies dient dazu, eine kritische Distanz zu schaffen und die Zuschauer dazu zu bringen, die Informationen und Bilder, die ihnen präsentiert werden, zu hinterfragen.
  3. Politische und soziale Kritik: Neben der Medienkritik enthält das postdramatische Theater oft auch politische und soziale Kritik. Es kann gesellschaftliche Ungerechtigkeiten, Machtstrukturen und die Manipulation von Informationen durch die Medien aufdecken und thematisieren.
  4. Auseinandersetzung mit Identität: Das postdramatische Theater, einschließlich der Arbeiten von Elfriede Jelinek, kann sich mit Fragen der Identität auseinandersetzen, insbesondere in Bezug auf Geschlecht, Nation und kulturelle Identität. Diese Auseinandersetzung kann durch die Darstellung und Dekonstruktion von Stereotypen und Klischees erfolgen.

Zusammenfassend strebt das postdramatische Theater danach, das Theatererlebnis zu erweitern und zu vertiefen, indem es traditionelle narrative Strukturen in Frage stellt und innovative ästhetische Mittel einsetzt. In Werken von Elfriede Jelinek und anderen postdramatischen Künstlern geht es oft um Medienkritik, Desorientierung des Publikums und die Reflexion über Identität und Gesellschaft. Es zielt darauf ab, die Zuschauer dazu anzuregen, ihre Wahrnehmung und ihre Beziehung zu den Medien sowie zur sozialen und politischen Realität zu überdenken.